Am 12. Oktober fand die zehnte ordenliche Jahresversammlung der Schweizer Sektion von Nautilus statt, online aber auch vor Ort.
Einige Mitglieder fanden den den Weg und mit Till Dürrenberger ein Mitglied stellte sich zur erfolgreichen Wahl für das Nationalkomittee.
Herzlich Willkommen. Weiter stellten wir den Jahres- sowie Finanzbericht vor und diskutierten mit den anwesenden Mitgliedern die aktuellen Themen und Strategien unserer Gewerkschaft.
Den Jahresbericht schicken wir euch gerne nach Anfrage.
Erfolgreiches Seminar "Zukunft der Schweizer Hochseeflotte"
Im Anschluss zu unserer Jahresversammlung fand ein sehr gut besuchtes Seminar statt. Der folgende Bericht im "SVS-Aktuell Oktober 2021", den wir dankenswerterweise veröffentlichen dürfen, gibt einen guten Überblick über die Referate.
Schweizer Hochseeflotte: Ein maritimer Staat sollte auch Flaggenstaat sein
Bericht im "SVS-Aktuell Oktober 2021 (Nachdruck mit Genehmigung)
Trotz den jüngsten negativen Erfahrungen mit notleidend gewordenen Bürgschaften soll die Schweiz weiter ein maritimer Flaggenstaat bleiben.
Die Nachteile, wenn man nun als Reaktion auf eine Schweizer Flagge auf hoher See verzichten würde, wären wahrscheinlich zu gross. Dies war die einhellig geaüsserte Meinung am Nautilus-Seminar „Zukunft der Schweizer Hochseeflotte“ Mitte Oktober in Basel. Es brauche aber ein modernes Register und eine klare maritime Strategie der Schweiz.
«Die Schweiz ist eine maritime Nation, auch wenn sie nur eine Flotte von aktuell 18 Schiffen unter eigener Flagge zählt. Rund 1'000 Schiffe werden aus der Schweiz wirtschaftlich gesteuert. Wenn man alle Konstrukte mit Charter- und Leasingverträgen mitzähle, könnte die Zahl sogar bei 2'500 liegen.» Mit dieser Einordnung eröffnete der emeritierte Strafrechtsprofessor Mark Pieth den Reigen der Redner am Nautilus-Seminar in Basel. Mehr als 90% der aus der Schweiz kontrollierten Schiffe seien in Offshore-Registern oder Flags of Convenience eingetragen, was den hiesigen Behörden eine Kontrolle über die Einhaltung von Standards in Sachen Sicherheit oder Ökologie erschwere bis verunmögliche. Solche Flaggenstaaten seien in der Regel nur an Einnahmen interessiert, die Kontrollen würden an Klassifizierungsgesellschaften abgeschoben. Ein reiches Land wie die Schweiz mit grossen maritimen Interessen sei in der Verantwortung, ein seriöses Schiffsregister zu betreiben, nur – so Pieth: «Was können wir tun, um ein solches Register für die Reeder attraktiv zu machen?»
Auch für Roger Witschi, Leiter des Schweizerischen Seeschifffahrtsamtes (SSA), wäre es falsch, im Gefolge der Geschichte mit den Bürgschaftskrediten nun das Kind mit dem Bade auszuschütten und auf eine Schweizer Flagge ganz zu verzichten. Man dürfe auch die Flags of Convenience – er spreche lieber von offenen Registern – nicht so verdammen. Es gebe im maritimen Bereich klare Regeln und viele der offenen Register würden diese einhalten. Auch die Schweiz bediene sich der Klassifizierungsgesellschaften, aber: «es geht dann darum, die Kontrollierer ebenfalls kontrollieren zu können».
Historisch gesehen – so Witschi – war die Existenz einer Schweizer Flagge mit der Landesversorgung begründet; man wollte in Krisenzeiten nicht bei den kriegsführenden Nationen um Schiffsraum nachsuchen müssen. Dies zähle heute nicht mehr, da man in den offenen Registern jederzeit die notwendige Tonnage chartern könne: «Als die raison d’être weggefallen war, hat man es versäumt, sich mit einer klaren Strategie klar zu werden, warum und in welcher Form man eine Schweizer Flagge auf hoher See wolle.» Die Schweizer Flagge müsse heute mit den maritimen Interessen begründet werden. Man nehme nur Sulzer Wärtsilä, deren Schiffsmotoren 40% des Weltmarktes abdeckten. Als Nicht-Flaggenstaat habe man da auch ein Glaubwürdigkeitsproblem.
In einer informellen Konsultation unter den interessierten Organisationen wurden die Varianten von der Flaggen-Aufgabe über die Beibehaltung des Status quo oder eine Modernisierung des Registers bis zum Wandel der Schweizer Flagge zu einer Flag of Convenience vorgestellt – und die Reaktionen gingen ganz klar in Richtung Beibehaltung einer Schweizer Flagge, aber in moderner Form und begleitet von einer maritimen Strategie des Landes.
Keine dringliche Notwendigkeit für eine Schweizer Hochseeflagge sah Hendrik Jungen vom Institute of Shipping Economics and Logistics in Bremen. Er hatte eine Studie zur Zukunft der Schweizer Flagge und Flotte erstellt, in der auch die oben erwähnten vier Szenarien aufgelistet wurden. Er sah auch wenig Hoffnung in der Einführung einer Tonnagesteuer. Das Beispiel Deutschland zeige, dass bessere Steuermodelle kaum zu einer Vergrösserung des Schiffsregisters eines Landes führten.
Die maritime Wirtschaft – so Jungen – sei wichtig für die Schweiz als logistisches Zentrum, als Drehscheibe der Rohstoffverkehre und mit der hohen Anzahl an Schiffsfirmen. Die Frage «Flagge Ja oder Nein» habe aber keine herausragende wirtschaftliche Bedeutung. Allenfalls könnte eine Aufgabe der Flagge als ungünstiges Zeichen bei einer Exportnation gedeutet werden oder soziokulturell als Anzeichen für die Aufgabe der eigenen Souveränität. Kein Problem sei auch bei einem Nichtflaggenstaat die Mitarbeit in supranationalen maritimen Organisationen.
Gerade Letzteres wurde aus dem Kreis der Seminar-Teilnehmer stark angezweifelt. «Die Stimme eines Flaggenstaats wird dreimal stärker gewichtet als die eines Nicht-Flaggenstaates», meldete eine Stimme. Befürchtet wurde auch, dass das nötige Know-how in der Schweiz verloren ginge, wenn man sich nicht mehr in der Praxis übe. Dem stimmte Witschi lebhaft zu und ermunterte gerade junge Leute, sich im maritimen Sektor zu engagieren, dazu ins Ausland zu gehen und später vielleicht die erworbenen Kenntnisse der Schweiz zur Verfügung zu stellen.
Durchaus Chancen für ein modernes Schweizer Register sah in seinem Schlusswort Prof. Pieth. Die Schweizer Flagge müsse aber dann für eine «saubere» Schifffahrt stehen, die über die Mindeststandards in Sachen Ökologie und Sicherheit hinausgehe. Auch wenn dies etwas koste, so sei es attraktiv für das Schifffahrtsgewerbe. Dies bestätigte ein anwesender Vertreter dieses Gewerbes: «Unsere Kunden fragen immer öfters, wie transportiert würde. Strengere Normen kommen sowieso. Da ist es für die Schweiz durchaus eine Chance, proaktiv eine moderne, zukunftsgerichtete Flagge anzubieten.»
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