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Bekanntlich ist die Zukunft der Schweizer Flagge auf See ungewiss. In den vergangenen Jahren blähte sich zwar die Hochseeflotte von Schweizer Eigentümergesellschaften mit einer sogennanten Offshore-Registrierung immer weiter auf. Man denke nur an die Riesenflotte MSC, die zum Teil unter Schweizer Eigentümerschaft steht. Doch auf diese Flotte hat weder die Schweizer Politik noch die Zivilgesellschaft bzw. wir Gewerkschaften einen Einfluss.

Demgegenüber schwindet die Zahl der unter Schweizer Flagge operierenden Hochseeflotte kontinuierlich auf zuletzt 14 Schiffe. Seit dem Ende des umstrittenen Bürgschaftssystems gibt es offenbar keinen ökonomischen Anreiz mehr, Schiffe unter Schweizer Flagge zu registrieren.

Ungeachtet dessen betont die Regierung, der Bundesrat, man wolle die Schweizer Flagge erhalten und modernisieren. Hierzu sind diverse Massnahmen in der Diskussion. Eine ökonomische Massnahme wäre bekanntlich die Einführung einer Tonnagesteuer wie sie weltweit in der Schifffahrt mehr oder weniger Standard ist.

Eine Stärkung der Schweizer Flagge würde dies allerdings nur bewirken, wenn die Firmen, die eine solche Schweizer Steuerart wählen wollen, ihre Schiffe zumindest zum Teil verbindlich auch unter Schweizer Flagge registrieren müssten.

Genau diese Bedingung – das sogenannte Flaggenerfordernis – war zuletzt auf Druck der Wirtschaftslobby internationaler Reedereien, Rohstoffhändler und Spekulanten - aus dem Gesetzesentwurf zur Schweizer Tonnagesteuer rausgestrichen worden.

Gute Nachrichten: Skandalöser Entwurf zur Tonnagesteuer ohne Flaggenerfordernis vom Ständerat zur Überarbeitung zurückgestellt

Nun hat im Februar 2023 erfreulicherweise die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) im Gegensatz zur entsprechenden Kommission des Nationalrates, die Vorlage nochmals zurückgewiesen und diversen Klärungsbedarf ermahnt.  Erfreulicherweise ist gerade auch das Flaggenerfordernis hierbei genannt, was nicht zuletzt auch der entsprechenden Medienarbeit von Nautilus International zu verdanken ist.

In der Medienmitteilung des WAK-S nach der Sitzung vom 13. Februar 2022 heisst es dazu:

„Weil auch nach der Anhörung noch zahlreiche Fragen offenblieben, hat die Kommission der Verwaltung umfassende Zusatzaufträge erteilt. Sie verlangt insbesondere weitere Auskünfte zum Flaggenerfordernis, zur Frage der Verfassungsmässigkeit, zu den fiskalischen Folgen oder auch zur Abgrenzung zwischen Schifffahrt und Rohstoffhandel. Die WAK-S wird die Beratung voraussichtlich an ihrer Sitzung von Ende Juni fortsetzen.“

Es bleibt also zu hoffen, dass das Flaggenerfordernis wieder in die Gesetzesvorlage aufgenommen wird. In diesem Falle würden wir als Nautilus bekanntlich das Gesetz unterstützen (zur Argumentation siehe unsere Stellungnahme).

Bleibt das Flaggenerfordernis draussen, dann unterstützen wir das Ergreifen eines Referendums – einer Volksabstimmung -  gegen die Tonnagesteuer, das diverse Gruppierungen in der Schweiz aus grundlegenden steuerpolitischen Gründen bereits angekündigt haben. Das heisst, auch gegen einen allfälligen angepassten Entwurf, der das Flaggenerfordernis und andere „Verbesserungen“ enthalten sollte.

Schweizer Regierung bekräftigt den Willen, die Schweizer Flotte zu erhalten

Neben der Tonnagesteuer hat der Bundesrat im Rahmen einer umfassenden „maritimen Strategie“ diverse Reformen angekündigt, die die Schweizer Flagge modernisieren soll.

Im Zentrum hierbei steht die Reform des Schweizer Seeschifffahrtsgesetzes und der institutionellen Rahmenbedingungen der Flaggen- respektive Seeschifffahrtsverwaltung, konkret also des „Schweizerisches Seeschifffahrtsamts“ in Basel.

Am 23. Februar 2023 präsentierte das Seeschifffahrtsamt nun den Stand der entsprechenden Revision. Im Zentrum soll hierbei eine Erleichterung der Registrierung der Hochseeschiffe stehen, wobei erfreulicherweise folgende Anforderungen erhalten bleiben:

  • tatsächlicher Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit in der Schweiz (Swissness-Gesetzgebung eingehalten)
  • Seeschiffe: 20% eigene Mittel (Liquidität der Unternehmen verringert Reputationsrisiko für Flagge)

Des Weiteren könnten «Vorschriften zu Sicherheit und Umweltschutz betreffen maximal zulässige Emissionen, Energieeffizienz, Alter der Schiffe, periodische Kontrollen etc. hinzukommen». 

Während der Präsentation gab es nun vehemente Rückfragen seitens der anwesenden Vertreter der Schifffahrtsbranche. Die technische und formale Erleichterung der Registrierung sowie die Anpassung veralteter Vorschriften etc. stellten für sich genommen ja keineswegs wirtschaftliche Anreize zur Registrierung (Einflaggung) dar, zumal während der Vorstellung das Thema Tonnagesteuer ausgeblendet wurde.  All diese Verbesserungen seien woanders ja längst Standard. Es stelle sich die Frage, ob der Bundesrat denn wirklich am Erhalt respektive Ausbau der Schweizer Flagge interessiert sei. Dieses Argument hat in der Tat einen Punkt, allerdings kann es an die Branche zurückgegeben werden. Denn da diese ja mit echten «wirtschaftlichen Anreizen» ja zum Beispiel die Tonnagesteuer – aber wohlgemerkt ohne Flaggenerfordernis – meinen, würde eine Registrierung unter Schweizer Flagge ja eine freiwillige Entscheidung der Schiffseigentümer sein.

Jedenfalls hat das Seeschifffahrtsamt im Nachgang der Präsentation diese Zweifel der Regierung übermittelt und um eine Stellungnahme gebeten. Der Bundesrat hat daraufhin Anfang März folgende Argumentation geliefert, die immerhin ein starkes Bekenntnis zur Flagge darstellt.

Der Hauptgrund für die Beibehaltung der Schweizer Flagge sei nicht die Notwendigkeit für die Versorgung des Landes, sondern die Vision einer grünen Qualitätsflagge, die den Einfluss der Schweiz im maritimen Sektor und in der Meerespolitik sichern solle. Die Flagge solle auch in Bezug auf die wirtschaftliche Attraktivität mit anderen Nationalflaggen konkurrieren. Der Entscheid stütze sich auf die Erkenntnisse des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in seinem Bericht zur versorgungspolitischen Bedeutung der Seeschifffahrt (Nautilus berichtete).  Der Bericht zeige auf, dass die Seehandelsschiffe unter Schweizer Flagge von geringer versorgungspolitischer Bedeutung seien. Dies habe sich auch durch die COVID-Pandemie nicht geändert.

Dennoch sei die Schweizer Flagge ein Statement und ein Instrument, um den Einfluss der Schweiz in der Seepolitik zu sichern. Verwiesen wird hierbei auf die Studie ISL vom 21. April "Zukunftsperspektiven für die Schweizer Flagge und die Hochseeflotte" (Die während eines Nautilus Seminars vorgestellt wurde, siehe www.eda.admin.ch/content/dam/smno/en/documents/general-information/future-prospects-swiss-flag-fleet-sea_EN.pdf), die den Geist der anstehenden Reformen charakterisiere.

Es bleibt also spannend!


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